Känguru und Wombat

  

Mirram, das Känguru, und Warreen, der Wombat, waren einst Männer. Sie lebten am selben Ort, doch Warreen hatte sich eine gute Rindenhütte gebaut, während Mirram kein Dach über dem Kopf besaß. Mirram lebte tags wie nachts unter freiem Himmel, was sehr gut war, solange das Wetter schön blieb. Auch Warreen schlief bei gutem Wetter oft draußen und die beiden waren enge Freunde. Schließlich aber fiel ein großer Regen. Warreen begab sich in seine Hütte, machte Feuer und legte sich behaglich davor. Der Regen war so heftig, dass er Mirrams Feuer löschte und Mirram nass und kalt wurde. So saß er lange Zeit im Regen und hoffte, dass Warreen ihn in seine Hütte bitten würde. Doch Warreen tat ihm diesen Gefallen nicht. Schließlich war Mirram so durchnässt und durchgefroren, dass er es kaum noch ertragen konnte. So ging er zu der Rindenhütte und bat Warreen um Einlass, damit er sich in eine leere Ecke setzen könnte. Warreen behauptete aber: "Ich will meinen Kopf in diese Ecke legen", und damit drehte er sich um und legte seinen Kopf in diese Ecke. "Macht nichts, diese Stelle genügt mir", sagte Mirram und deutete auf einen anderen leeren Fleck. Warreen jedoch drehte sich in diese Richtung und legte seine Füße dorthin mit den Worten: "Diesen Fleck brauche ich für meine Füße." Mirram sagte nochmals: "Diese Stelle genügt mir" und zeigte dabei auf den Platz, wo Warreens Füße zuvor gelegen hatten. "Diesen Platz kann ich dir auch nicht geben, ich will mich in diese Richtung ausstrecken", gab Warreen zur Antwort, erhob sich und streckte sich vor dem Feuer aus. Mirram wurde sehr böse. Diese schmachvolle Behandlung konnte er sich nicht länger bieten lassen. Er ging hinaus um einen Stein zu holen, schlich sich geräuschlos wieder zurück und schmetterte den Stein gegen Warreens Stirn, die unter dem heftigen Hieb ganz flach wurde. Daraufhin sprach Mirram: "Von nun an wirst du immer eine flache Stirn haben und in einem dunklen Bau wohnen." Und seither muss der Wombat in einem finsteren Erdbau wohnen und seine Stirn ist bis auf den heutigen Tag abgeflacht durch den heftigen Hieb, den ihm Mirram mit dem Stein versetzte.

Nach einer Weile war Warreen allerdings in der Lage an Mirram Vergeltung zu üben. Eines Tages nämlich schleuderte er einen Speer gegen Mirram. Der Speer traf sein Ziel und grub sich tief in das untere Ende der Wirbelsäule. "Und nun", sprach Warreen, "wird er dort für immer stecken bleiben als dein Schwanz und du wirst ihn jedesmal gebrauchen müssen, wenn du läufst. Und du wirst niemals eine eigene Hütte besitzen." Und so geschah es, dass das Känguru seinen langen Schwanz bekam, den es bei jedem Sprung und Lauf verwenden muss, und dass es seither unter freiem Himmel übernachten muss.